Hans Alexander Hermann erblickt das Licht der Welt am 01. Juni 1922 in Pratteln bei Basel (Schweiz) nach einer langwierigen Zangengeburt. Er ist ein körperlich zartes und rachitisches Kind. Sein rachitischer Körper, stellte ihn sein Leben lang vor Herausforderungen. Im Ausgleich dazu verfügt er über einen starken Lebenswillen und weit über die Pubertät hinaus über eine wunderbare, nicht versiegende Phantasie in die er sich flüchten kann und die ihn einen oft schweren Alltag vergessen lässt. Etliche Jahre später bekommt Hans Hermann noch zwei Brüder. Er ist also mit Abstand das älteste Kind in der Familie und hat somit Verantwortung zu übernehmen.
Schon im frühen Kindesalter möchte Hans Hermann Maler werden. Dafür hat aber sein Vater kein Verständnis und so muss er mit 16 Jahren in eine Konditorlehre eintreten. Es beginnen harte und entbehrungsreiche Jahre, denn Hans Hermann ist unglücklich in seiner Lehre, er hat kaum zu Essen da er sich mit seinem Vater zerstritten hat und von zu Hause ausgezogen ist. Die Mutter, die gütige Seele der Familie, ist schwer erkrankt und verstorben. Seine Konditorlehre wird immer wieder unterbrochen durch längere Erkrankungen seinerseits und durch den zweiten Weltkrieg. Hans Hermann wird als Grenzwache eingezogen. Nach ungefähr einem Jahr kann er sich aber mit Hilfe einer Finte dem Militärdienst entziehen und wird in Folge als dienstuntauglich eingestuft.
Endlich kann Hans Hermann seine Konditorlehre abschliessen.
Sein Vater heiratet wieder, aber das Verhältnis zu ihm bleibt bis zu dessen Tod zerrüttet, da Hans Hermann dem Beruf als Konditor nicht nachgehen will. Er muss Geld verdienen und arbeitet in verschiedenen Gelegenheitsjobs; Tageweise, Nachts und Stundenweise. Auch mit seiner Liebe zum Jazz und mit seiner Trompete kann er Geld verdienen. Er spielt in einer Big Band zu Veranstaltungen und in Kinos. Zwischenzeitlich besucht er Kurse an der Kunstgewerbeschule in Basel.
Mit 30 Jahren, bekommt Hans Hermann ein Stipendium für die Ausbildung an der Kunstgewerbeschule (Basel), nachdem er in einer sehr erfolgreichen Ausstellung Bilder ausstellen darf und die Öffentlichkeit auf ihn aufmerksam wurde. Gustav Stettler wird sein Förderer und Lehrer.
Der Weg der Kunstszene bewegt sich in dieser Zeit weg vom Naturalismus hin zum Expressionismus und es bilden sich Künstlergruppen, denen Hans Hermann nahe steht. Seiner schon in der Kindheit entwickelten tiefen Ehrfurcht der Natur gegenüber, gibt er jetzt Ausdruck in grossformatigen Bildern im Sinne der naiven Malerei und auch mit religiösen Themen. Die Kunstszene wird auf ihn Aufmerksam, er kann seine Bilder in mehreren Ausstellungen präsentieren.
In dieser, nach neuen Quellen suchenden Zeit findet Hans Hermann in einem Antiquariat ein Buch von Albert Steffen «Sucher nach sich selbst». (A. Steffen: Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft, inauguriert durch Rudolf Steiner). Fasziniert liest er das Buch in einer Nacht durch und ist so tief aufgewühlt, dass er hohes Fieber bekommt.
Von nun an interessiert sich Hans Hermann für die Anthroposophie Rudolf Steiners, studiert dessen Vorträge und beteiligt sich in Arbeitskreisen am Goetheanum in Dornach (Schweiz). Es beginnt eine künstlerische Durststrecke, denn Hans Hermann begreift die Notwendigkeit das allgemeine Kunstverständnis hinter sich zu lassen und fängt von Vorne an, mit einfachen Malübungen. Er spürt, dass das völlig andere Kunstverständnis durch die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners und der andere Umgang mit der Farbe, ihm Antworten auf seine brennenden Fragen geben, ihm malerisch weiterhelfen kann.
Dank zwei grossen Aufträgen für Glasfenster in der Abdankungskapelle und in der Realschule in Pratteln (Schweiz), kann Hans Hermann das Lehrerseminar am Geotheanum besuchen, denn jetzt will er Lehrer für Sport und Handwerk werden. Das Malen wird für ihn zum Übungsfeld seiner inneren Auseinandersetzung. Er versteht, dass das Bild nicht Selbstzweck ist, sondern das Ergebnis eines Prozesses.
Später vertieft Hans Hermann seine pädagogische Tätigkeit in der Heilpädagogik und arbeitete in Thusis GR (Schweiz) mit seelenpflege bedürftigen Kindern. Mitten in der urtümlichen und erfrischenden Bergwelt fühlt er sich zu Hause. Die Natur inspiriert ihn malerisch auf intensive Weise. Doch im Heimbetrieb findet er kaum noch Zeit und Musse für das Malen. Hans Hermann erkrankt erneut schwer.
Die Krankheitszeit gibt ihm Raum nach Innen zu horchen und so beschliesst er, sich von nun an ganz auf das Malen zu konzentrieren und tritt in die Malschule im Goetheanum von Emil Schweigler ein. Nach dem Studium wird ihm diese Malschule übergeben.
25 Jahre lang bildet Hans Hermann dort Student/Innen aus. Zugleich folgen andere Lehraufträge in Bern (Schweiz)), Blaubeuren (DE), in Bronlaak (Holland) und Studienhaus Rüspe (DE). Am Goetheanum bekommt er den Auftrag die Sektion für die bildenden Künste zu übernehmen. In diesem Zusammenhang inauguriert Hans Hermann ein bis zweimal jährlich Tagungen für Künstler/Innen. Es kommen Maler/Innen, Architekten/Innen, Bildhauer/Innen und später auch Eurhythmisten/Innen, Mediziner/Innen, Kunsttherapeuten/Innen und Medienschaffende zu diesen Treffen, um an bestimmten Themen im Zusammenhang mit der Kunst, zu arbeiten.
Leitstern ist Hans Hermann dabei sein Leben lang eine Textpassage aus: «Der Baugedanke» von Rudolf Steiner (Vortrag vom 9. Okt. 1920).
Für Hans Hermann ist Malen ein Schulungsweg. Die Entwicklung zur Individualität ist ihm ein besonderes Anliegen und so gibt er den Studenten/Innen den Freiraum um ihren eigenen malerischen Weg zu finden. Deshalb ist es verständlich, dass es unter seinen Studenten/Innen keinen Hans Hermann – Stil gibt.
Auch privat findet ein reger Austausch mit anderen Künstlern statt. Seine innere Beweglichkeit gehört zu seiner Persönlichkeit. Es ist ein Wesenszug, der seine Seele nicht altern lässt und junge Menschen anzieht. Er versucht die Standpunkte Anderer zu verstehen, auch wenn er sie nicht teilt.
Hans Hermann ist jetzt ganz Maler, aber er versteht sich auch als Zeitgenosse und interessiert sich für neue technische Erfindungen. Er will sie verstehen lernen. In diesem Zusammenhang gründet er das Tonstudio «Reproton» in dem er Aufnahmen für den Basler Rundfunk herstellt. Er forscht und experimentiert, beginnt zu filmen und versucht unter Anderem die Eurhythmie filmisch darzustellen. Es entsteht das Filmstudio «IG Video».
Unabhängig vom Goetheanum gründet er die Galerie «Aenigma» in der Stadt Basel (Schweiz) um frei von Dogmen, anderen Künstlern eine Plattform zu bieten.
Am Goetheanum kommt es zu Spannungen. Seine Ansätze im Künstlerischen und Sozialen, so wie seine Offenheit für die neuen Impulse in der Welt stossen auf Unverständnis. Es wird ihm nahegelegt die Sektion für bildende Künste und die Malschule im Goetheanum zu verlassen.
Diese Auseinandersetzung belasten Hans Hermann sehr stark.
Heute, Jahrzehnte später sind seine zukunftsweisenden Ansätze, seine Lernmethoden elementarer Bestandteil der Erwachsenenbildung. Auch die technischen Medien haben im Goetheanum Einzug genommen.
Nach dem Bruch am Goetheanum ist Hans Hermann 64 Jahre alt. Er arbeitet weiter als Mallehrer in Deutschland und Holland, so wie auch als Farbberater bei «PortusBau». Er realisiert verschiedene Videoaufträge und hat jetzt wieder mehr Zeit zum Malen.
Mit 75 Jahren zieht sich Hans Hermann mehr und mehr aus dem öffentlichen Leben zurück.
Von einer Lungenkrankheit erholt er sich nie mehr so richtig und deren Beschwerden nehmen mit zunehmendem Alter zu. Trotz der krankheitsbedingten Einschränkungen malt Hans Hermann jeden Tag an grossen Bildern in kräftigen Farben. Sie sind Zeugnis seiner uneingeschränkten schöpferischen Kräfte.
In seinem 79. Lebensjahr ist er zunehmend an das Bett gebunden und seine Reise nach Innen beginnt.
Kurz vor seinem 80. Geburtstag am 26. Mai 2002 endet die irdische Reise von Hans Hermann.
Es ist ein Abschied mit einem besonderen Nachklang, denn sein Wirken ist weit über seinen Tod hinaus erkennbar.